Unterwegs auf der Brautmodenmeile in Duisburg Marxloh

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Es ist Montagvormittag. Ich habe einen eher ruhigen Tag auf der Brautmodenmeile in Marxloh erwischt. Ella vom Brautmodenladen „Aysegül Gelinlik“ (das Wort „Gelinlik“ liest man hier sehr oft, es bedeutet Brautkleid auf türkisch) steht vor dem Geschäft und raucht eine Zigarette mit einer Verkäuferin aus dem Nachbarladen. „Am Wochenende ist hier die Hölle los“, sagt sie, „da sind so viele Kunden da, dass ich noch nicht mal einen Schluck Wasser trinken kann.“ Lächelnd kehren beide wieder in ihre Läden zurück. Es heißt, dass es auf dieser Straße, mitten in dem sozialkritischen Stadtteil Marxloh, doppelt so viele Brautgeschäfte gebe als in ganz München. Ich fühle mich wie im Orient, nur die Straße und der Bürgersteig erinnern noch an Deutschland. Ein Hochzeitsmodegeschäft reiht sich hier an das nächste, dazwischen Juweliere, Accessoire Läden, Inneneinrichtungshäuser, Dönerbuden und Cafés. Mehr als 120 Geschäfte findet man hier und in den Nebenstraßen.

„Das Wunder von Marxloh“

Ich hatte schon länger von „das Wunder von Marxloh“ gehört und wollte mir einen eigenen Eindruck verschaffen. Nicht alle Ladenbesitzer sind gesprächig. Vor knapp 20 Jahren gab es hier an der Weseler Straße extrem viel Leerstand: Wohnungen heruntergekommen, Geschäfte verwaist, Schaufenster mit Brettern vernagelt. Ein Elendsviertel - niemand wollte hier leben. Die Immobilien waren günstig. Heute ein ganz anderer Eindruck. In jedem Geschäft dreht es sich um das Thema Hochzeit. Die Brautmodenmeile schließt eine Marktlücke. Meist sind die Paare mit türkischen Wurzeln und ihre Familien früher in die Türkei gereist, um für das Hochzeitsfest die passenden Kleider und Accessoires einzukaufen. Jetzt kommen sie nach Marxloh. Im Bräutigamladen „YARGIC“ treffe ich Ayyiltiz. Er ist seit 3 Jahren hier Verkäufer und beschreibt den Reiz von der Brautmodenmeile so: „Die Menschen kommen hier gerne hin, weil sie alles vor Ort haben, nicht wie im Internet. Hier bekommt man alles vom Brautkleid über Smoking bis hin zum Teppich. Wir haben viele Zielgruppen. Unsere Kundschaft kommt aus dem Balkan, Arabien, Holland, Belgien, Frankreich und sogar aus Wien. Es ist preisgünstig, weil wir im Ausland produzieren.“ Ich frage ihn: Hier gibt es so viele Geschäfte, ob die Konkurrenz da nicht groß ist? „Wir kennen uns alle, es ist keine große Konkurrenz. Der eine setzt auf Quantität und der andere auf Qualität. Hier gibt es auf der Straße Anzüge für 100 € und bei uns starten sie ab 300 €.“ Dass das Geschäft läuft, beweist die Expansion der Firma YARGIC. Sie haben in den letzten 7 Jahren 3 Herrengeschäfte und 2 Brautmodengeschäfte eröffnet, darunter sogar ein Outlet. Schräg gegenüber besuche ich einen Accessoire Laden. Die Verkäuferin Halima zeigt mir alles im Sortiment für eine türkische oder arabische Verlobung und Hochzeit. Da gibt es ein Tablett, wo die Verlobungsringe drapiert werden und mit einem Band verbunden. Dazu eine Schere mit dem das Verlobungspaar das Band durchschneidet und sich dann die Ringe ansteckt. Ein samtbezogenes Henna Set für den Frauenabend vor der Hochzeit. Und einen roten Schleier, den die Braut trägt, wenn sie von ihrem Vater dem Bräutigam übergeben wird. Es ist spannend, was es für orientalische Hochzeitsrituale gibt.

Bequem Hochzeitsoutfit und mehr einkaufen

So bequem es auf der Weseler Straße ist sein ganzes Hochzeitsoutfit und Accessoires zu finden, so bequem geht es bei Senna weiter. Sie führt mit ihrem Vater ein Schuhgeschäft. Der neueste Trend: „Gemütliche Hochzeitsschuhe“. Es sind Turnschuhe mit Strass besetzt. Diese sehe man nicht direkt unter dem Kleid und wenn sie vorgucken, sei Glitzer dran. Eine ganze Infrastruktur ausgerichtet am Hochzeitsbedarf und an den Kundenwünschen. An der Brautmodenmeile haben sich auch in den letzten Jahren Hotels angesiedelt, die die Shopping Queens aus dem arabischen Raum beherbergen. Wer hier her kommt hat mehrere tausend Euro dabei, bleibt mindestens einen Tag und gibt das Geld hier aus. Es hat sich herumgesprochen: in Marxloh gibt es qualitative hochwertige Waren, in der Türkei produziert. Mir verrät eine Verkäuferin, dass inzwischen auch immer mehr deutsche Bräute gesichtet werden, die auf Bling-Bling und voluminöse Kleider stehen. Zuletzt teste ich noch in einem türkischen Café ein Stück Kuchen und Kaffee, lecker. Für müde gewordene KundInnen wird auch bestens gesorgt. Als ich wieder in mein Auto steige und Richtung Autobahn fahre, kommt es mir vor, als wäre ich in einer völlig anderen Welt gewesen - ein Stück 1001 Nacht mitten im Ruhrpott.